Die Rheinpfalz – Pfälzer Tageblatt – Nr. 105 – Di, 7. Mai 2019-05-07 Kultur RegionalNah dran am Hirn Schlauer Quatsch mit Dörsam-Brüdern in Herxheim Von Gereon Hoffmann Eigentlich sind die Herxheimer an klassische Konzerte in der Villa Wieser gewöhnt. Zumindest mit der Wahl ihrer Garderobe, dem Frack, gab sich das Trio 3D konventionell klassisch. Aber musikalisch gingen die drei Dörsam-Brüder am Freitag ihren eigenen Weg. Und Genre-Grenzen waren ihnen dabei egal. Ganz ernst geguckt haben die drei Dörsams Adax, Matthias und Franz-Jürgen, als sie in den Konzertsaal kamen. Ernst geblieben sind sie nicht. Bei ihrem wilden Ritt durch Klassik, Jazz und Pop hatte auch das Publikum Spaß. Eine Art roter Faden war das Spiel mit Zitaten, das die drei meisterhaft beherrschen. Dabei mischen sie Melodien und Fragmente zusammen. Sie zu entdecken ist schon ein spannendes Ratespiel.Ein Beispiel, bei dem auch die verwöhnten Klassikhörer die Ohren spitzten, war „Alla Finestra“, das Matthias Dörsam unter nicht unbedeutender Mitwirkung eines gewissen Herrn Mozart komponiert hat. Da kocht der Hölle Rache, marschieren die Türken, flötet der Vogelfänger und Don Giovanni wünscht eine gute Nachtmusik. Die Rock- und Pop-Experten freuten sich bei der ersten Zugabe über „In a Gadda-da-Vida“, bei dem dann auch etwas Rauch über das Wasser zog, während das Spielen von Was-immer-ihr-wollt bei Adas Dörsam wohl der Status Quo ist. Müßig zu sagen, dass jeder der Brüder sein Instrument meisterhaft beherrscht. Von Haus aus sind alle drei „Klassiker“ mit abgeschlossenem Studium. Matthias spielte an diesem Abend Klarinette und Bassklarinette. Man hat ihn auch schon mit der Mannheimer band Les Primitifs gehört, und bei den Rodgau Monotones spielt er schon viele Jahre Saxofon. Franz-Jürgen ist wohl am ehesten in der Klassik zuhause. Er war schon bei verschiedenen Sinfonieorchestern engagiert, er ist Solist im Orquestra Metropolitana in Lissabon und unterrichtet dort an der Musikhochschule als Professor für Fagott. Adax ist Gitarrist, aber auch begeisterter Sammler von Zupfinstrumenten aus aller Welt, die er selbstverständlich auch alle spielt. Er ist Begleiter für die Liedermacherin Joana, hat mit Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims gerockt und mit dem Avantgarde-Gitarristen Claus Boesser-Ferrari zuletzt „The Winnetou Tapes“, eine Interpretation von Martin Böttchers Filmmusik der Karl May Filme veröffentlicht. Wie die Künstler ausdrücklich deutlich machen, ist jeder überzeugt, das schönste und beste Instrument zu spielen, während die anderen beiden leider gar nicht in der Lage sind das zu erfassen oder zuzugeben. Für Franz ist die Gitarre eine Zigarrenkiste mit Drähten drüber, Adax meint, dass Mattl genauso gut auch ein Kazoo tröten könnte und macht das auch vor. Mattl wiederum meint, dass die Gitarre vom Hirn zu weit weg ist, um Musik mit Niveau zu machen. Das Fagott dagegen soll schon in der Steinzeit zur Jagd erklungen sein, was Franz mit einem „Sau tot“-Signal verdeutlicht. Musikhistorisch interessant ist seine Instrumentenkunde: Die früher noch fehlende Es-Klappe am Instrument konnte man ausgleichen, indem der Fagottist sich am Ohr zieht – und das konnte im Anschluss jeder im Saal sehen und hören, also muss es stimmen. Die drei Brüder haben eine Menge Spaß, veralbern sich gegenseitig und räubern ungeniert in Pop und Klassik herum, um zusammen neue und lustige Musik zu machen. Weil alle drei auch echte Könner sind, macht es auch Spaß ihnen zuzuhören. Schließlich waren ja auch die Großmeister für so manchen Spaß zu haben: Mozart sowieso und der alte Bach pflegte in seiner Familie das Quodlibet-Singen und traf sich mit dem Lautenvirtuosen Leopold Weiss zu Jam Sessions. |
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